Mit meinem ersten Blogbeitrag überhaupt möchte ich kurz darstellen, wie ich meine erste Online-Klassenarbeit vorbereitet, durchgeführt und bewertet habe.

Gleich vorweg: offiziell hätte ich das nicht tun dürfen. Ich hätte die Schüler:innen in Gruppen einbestellen und die Arbeit vor Ort schreiben lassen müssen. In Anbetracht der damaligen Viruslage, aber auch unter der Berücksichtigung, dass in der Klasse Schüler:innen sind in deren Ort täglich nur zweimal ein Bus fährt, kam diese Variante für mich nicht in Frage. Da die Erlaubnis also nicht vorliegt, habe ich eigentlich keine Klassenarbeit geschrieben, sondern die Schüler:innen haben mir Präsentationen von Aufgaben eingereicht.
Im Vorfeld
Ich habe sehr von den Tweet von Hendrik Haverkamp (@hav_hendrik) profitiert und mich auch ein wenig an diesen entlang gehangelt.
Zunächst habe ich mit den Schüler:innen den Aufsatz von Lars Mecklenburg „Bevor du beginnst“ gelesen, besprochen und davon ausgehend überlegt, welche „Richtlinien“ für uns wichtig sind. Daraus entstand dann eine „Academic Honesty Erklärung“, die alle Schüler:innen unterzeichnet haben. Danach stand für mich eine kleine Rundreise auf dem Programm. Alle Schüler:innen bekamen von mir ein kleines Online-Klassenarbeits-Kit eingeworfen. Darin nochmals der genaue Ablauf, karierte Doppelbögen und Schokobons. Also nahezu so, wie wenn es analog wäre. Den Schüler:innen stand es frei die Klassenarbeit digital oder auf Papier zu schreiben. Sie konnten die Ergebnisse online oder im Briefkasten abgeben.
https://larsmecklenburg.medium.com/bevor-du-beginnst-6b57bfd053f3
Da es sich um eine Abschlussklasse handelt, war ich mit meinen Aufgaben auf Prüfungskonformität ausgerichtet. Ich habe zwei Klassenarbeiten entworfen und dann nochmals, ausgehend von den Arbeiten, Aufgaben gemischt, so dass vier Arbeiten entstanden sind (1-1 | 1-2 | 2-2 | 2-1). Dies möchte ich nicht als mangelndes Vertrauen verstanden wissen. Mir ging es eher darum, dass hier ggf. neue Kommunikationspartner gesucht werden und nicht nur „my best friend“.
Eine Aufgabe war in allen Arbeiten gleich. Diese habe ich versucht offen anzulegen:

Es standen also zwei Aufgaben zur Auswahl und auch deren Bearbeitung ließ unterschiedliche Wege zu bzw. griff die Aufgabe auf eine Onlineanwendung zurück. Ich nehme es vorweg, nur ein Schüler hat ein Video eingereicht, das war aber Hammer.
Die Arbeit selbst
Die Arbeit schaltete sich um 7.30 Uhr frei, die Schüler:innen hatten bis 15 Uhr Zeit diese abzugeben, die Bearbeitungsmöglichkeiten hatte ich erwähnt. Interessant bereits hier, dass nicht alle schon um 7.30 Uhr die Arbeit abriefen. Manch einer startete tatsächlich erst um 9 Uhr. Unter Berücksichtigung der inneren Uhr / des Biorhythmus absolut sinnvoll und empfehlenswert.
Alle Schüler:innen notierten ihren Zeitbedarf. Ich sehe hier keinen Grund diesen Angaben zu misstrauen. Fast alle blieben in einem akzeptablen Zeitrahmen, der zwischen 60 und 120 Minuten lag. Berücksichtigt man, dass einige Schüler:innen Tipps gaben, dann ist dies aus meiner Sicht vollkommen vertretbar. Ebenso wurde allen Ideen- und Impulsgeber genannt, so dass ich mit diesen auch hätte sprechen können, inwiefern hier geholfen wurde. Da es sich teils aber um andere Aufgaben gehandelt hat, hätte die befragte Schüler:in ja teils komplett neu rechnen müssen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass dies jemand freiwillig tut 😉
Danach
Ich habe die Arbeiten danach ganz normal korrigiert. Sowohl digital, als auch analog und den Schüler:innen dann via vocaroo ein Feedback gegeben, die Punkte und die Noten mitgeteilt. Zwei Schüler hatten exorbitant mehr Zeit benötigt. Mit diesen werde ich jetzt noch Gespräche führen. Der Schnitt dieser Arbeit ist vergleichbar mit den Arbeiten zuvor und auch im Vergleich mit den Arbeiten aus anderen Jahrgängen zu diesem Thema absolut im Normbereich. Das Notenspektrum wurde voll ausgeschöpft.
Wie geht es weiter?
Ich habe für mich festgehalten wer wem Hilfestellungen gegeben hat, so dass ich auch auf diese Leistung zurückgreifen kann. Ob und falls ja, wie ich dies werte, weiß ich noch nicht, theoretisch wäre es eine mündliche Leistung. Das Feedback der Schüler:innen war durchweg positiv. Niemand glaubte, dass hier jemand gemogelt hatte. Eine Schüler:in wies mich sogar darauf hin, dass es ja möglich war, dass Mathe-Apps auch Aufgaben in Abhängigkeit von e lösen können. Dies eröffnet neue Aufgabenformate. Super!
Ich kann mir durchaus vorstellen Klassenarbeiten weiterhin so durchzuführen. Dabei würde ich gerne das Format weiter öffnen und mehr Operatoren bezogene Aufgaben stellen, in denen die Schüler:innen z.B. mittels Sprachnachricht begründen und erklären.
Es war ein Anfang. Es war sicher nicht perfekt. Es wird noch ein weiter Weg zu einer anderen Prüfungskultur. Das Vertrauen, das die Schüler:innen aber hier gespürt haben ist Gold wert und viele legen seither eine deutlich veränderte Mitarbeit im Onlineunterricht an den Tag.